Die Gestaltung der Lenkung hat wesentlichen Einfluss auf die Manövrierbarkeit eines Fahrzeugs – Lenkradius, Leichtgängigkeit und Steuerbarkeit des Lenkeinschlags hängen direkt von der mechanischen Konstruktion ab.
Zu Zeiten des (vierrädrigen) Pferdekarrens herrschte die Drehschemellenkung vor. Dabei wurde die lenkbare Vorderachse mittig am Wagen drehbar gelagert. Nachteile der (einfach zu konstruierenden) Drehschemellenkung: beide Räder haben beim Lenkeinschlag den gleichen Einschlagswinkel – aber das äußere Rad fährt einen größeren Lenkkreis ab, daher dürfen die beiden Räder nicht auf einer Starrachse montiert sein und müssen sich unabhängig voneinander drehen. Außerdem führt ein zweiter Nachteil der Drehschemellenkung zu einem großen Lenkradius: die Räder müssen unter den Wagen drehen, und dabei wird das Gefährt instabil. Die Wagen benötigten daher ziemlich große Wendekreise.

Da kam die Erfindung der Achsschenkellenkung durch den Wagner Georg Lankensperger (1779-1847) im Jahr 1816 gerade recht – allerdings zu früh: Erst mit der Erfindung des Automobils kam die Drehschemellenkung an ihre Grenzen (siehe den schönen Beitrag von Erik Eckermann in „Kultur & Technik“ 4/2003). Im Jahr 1893 patentierte Carl Benz die Achsschenkellenkung ein zweites Mal (Patent Nr. 73515).

An der Patentzeichnung sieht man schön, wie sich die Radien der beiden (unterschiedlichen) Laufkreise beim Lenkeinschalg in einem Punkt treffen – dem Mittelpunkt des Wendekreises. Verlängert man die Schenkel der Lenkung in Geradeausstellung, sollten sie sich in der Mitte der Hinterachse treffen (Ackermann-Winkel). Eine wunderbare Zusammenfassung der Entwicklung der Fahrzeug-Lenksysteme findet sich übrigens in dem Bändchen „Die Achsschenkellenkung und andere Fahrzeug-Lenksysteme“ von Erik Eckermann, herausgegeben vom Deutschen Museum in der Reihe Technikgeschichte – Modelle und Rekonstruktionen.
Und natürlich lassen sich diese Lenkungen auch mit fischertechnik konstruieren. Das funktioniert sogar ohne die zahlreichen Spezialbauteile, die die Konstruktion von Lenkungen vereinfachen und für einen geeigneten Winkel der Schenkel sorgen (siehe auch Dirk Fox, Lenkungen, ft:pedia 1/2011, S. 16-21).

Eine ausführliche und sehr instruktive Erläuterung von Lenksystemen und der Konstruktion von fischertechnik-Achsschenkel-Lenkungen findet sich in der hobby-Serie (Hobby 2, Band 5, S. 53-76) – und ganz ausführlich in Kapitel 9 „Die Achsschenkellenkung“ im neuen fischertechnik-Buch „Technikgeschichte mit fischertechnik“ (dpunkt-Verlag).
Auch im Bilderpool der fischertechnik-Community findet man zahlreiche interessante Konstruktionen. So z.B. die LKW-Lenkung von Harald Steinhaus (2003), die mit vier zusätzlichen Winkelsteinen 7,5 an den Schenkeln auch einen Ackermann-Winkel hätte. Sehr schön auch die Radlader-Knicklenkung von Thomas Kaiser (2003). Die Vielachs-Lenkung des Autokrans von Arjen Neijsen (2006) arbeitet sogar mit sechs verschiedenen Lenkradien.

Und jüngst begeisterte Martin Wanke mit dieser kompakten Minimot-Lenkung (2014):

Schöner Beitrag, aber folgenden Satz vielleicht nochmal bedenken (Radien einzeichnen…)?
„Nachteile der (einfach zu konstruierenden) Drehschemellenkung: beide Räder haben beim Lenkeinschlag den gleichen Einschlagswinkel – obwohl das äußere Rad einen größeren Lenkkreis abfährt und daher einen geringeren Einschlag erfordert.“
Upps – vielen Dank für’s genaue Lesen – das war natürlich Blödsinn… Denken hilft.
Ich habe den Satz korrigiert.
fischertechniker