Was fischertechniker in Neuseeland so treiben.

Nicht nur in Deutschland und den Niederlanden tummeln sich fischertechniker. Fantastische Projekte findet man ebenso in den USA, Großbritannien, Österreich, der Schweiz, China, Mexiko, Brasilien oder Panama – und sogar auf der anderen Seite der Welt: in Christchurch, Neuseeland. Mit Begeisterung habe ich dort (um ehrlich zu sein: auf einer neuseeländischen Webseite) kürzlich zwei wunderbare Projektbeschreibungen entdeckt, die auch die Herzen deutscher Fans höher schlagen lassen dürften.

Das erste ist kein neues Modell, wird jedoch eingesetzt als ungewöhnliche, aber überzeugende Problemlösung: ein Scherenhubtisch, wie ihn Stefan Falk in ft:pedia 1/2016 (S. 37 ff.) vorgestellt hat, und der in Varianten auch aus dem Hobby-Band 2-2 sowie dem Universal-Baukasten bekannt ist. In Christchurch dient er als Hilfsmittel für die Makro-Fotografie von Insekten – und erlaubt hervorragende Bilder.

Scherenhubtisch aus Neuseeland
Scherenhubtisch für die Makro-Fotografie (Foto: Chaos)

Das zweite Modell dürfte Begehrlichkeiten bei jungen fischertechnikern wecken: Ein Trebuchet (auch Blide oder Tribok genannt) – eine sehr leistungsfähige Schleuder aus dem Mittelalter – mit einer beachtlichen Reichweite von bis zu 9 m. Besonders faszinierend: die Nachtaufnahme mit einem um eine LED ergänzten Wurfgeschoss:

Trebuchet bei Nacht
fischertechnik-Trebuchet/Blide bei Nacht (Foto: Chaos)

Aber auch für fischertechniker in den besten Jahren ist ein Trebuchet faszinierend. Erfunden wahrscheinlich zwischen dem 5. und 3. vorchristlichen Jahrhundert in China, war das Trebuchet der „Mauernbrecher“ des Mittelalters. Wer sich ein wenig in die dahinterliegende Physik vertiefen möchte, dem sei die Webseite von Franco Normani (Ontario/Kanada) empfohlen, die ich auch erst über die Seite der neuseeländischen Designer des fischertechnik-Trebuchet entdeckt habe. Eine ausführliche technikgeschichtliche Betrachtung des „Hebelwurfgeschützes“ von Marc Feuerle findet sich in der „Zeitschrift für Technikgeschichte“, Band 69 (2002), S. 1-39. Sehr lesenswert ist auch der Beitrag von Paul E. Chevedden, Les Eigenbrod, Vernard Foley und Werner Soedel in „Spektrum der Wissenschaft“, Ausgabe 9/1995, S. 80 ff. (Originalfassung in Scientific American 7/1995).

P.S.: Tatsächlich ist das Christchurch-Trebuchet nicht das erste fischertechnik-Trebuchet – Dominic Moser versuchte sich bereits 2008 an einem Trebuchet. Das Ergebnis kann man in seinem Youtube-Video vom Mai 2008 bewundern:

P.P.S.: Und natürlich war das Trebuchet eigentlich kein Mauernbrecher – das verrät schon die Flugbahn der Geschosse. Bei der Belagerung von Kaffa im Jahr 1345/46 schleuderten die Mongolen, unter denen die Pest ausgebrochen war, ihre Leichen mit Trebuchets in die Stadt – und lösten damit eine der größten Pest-Pandemien der Geschichte aus: Über Handelsschiffe gelangte der „Schwarze Tod“ in die Mittelmeerhäfen, in nur sechs Jahren fielen ihm mehr als 25 Mio. Menschen zum Opfer.

Eine Antwort auf „Was fischertechniker in Neuseeland so treiben.

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  1. Hallo fischertechniker, wenn Du Mitglied im fischertechnikClub NL wärst, hättest Du im November 2014 einen weiteren schönen Tribock kennengelernt 😉

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