Was den fischertechniker am Mond fasziniert.

Noch in der Antike – einer Zeit ohne Smartphones, Internet, Computern, Satelliten, Telefonen, Funkuhren, Batterien, Wettervorhersagen, Teleskopen und Straßenlaternen – strukturierten die Gestirne den Tagesablauf: Im Winter waren die 12 Stunden, in die Sonnenuhren den Tag einteilten, kürzer als im Sommer, und wer bei Neumond spät nach Hause kam, musste den Tastsinn bemühen.

Daher entsprang die Beobachtung des Himmels keineswegs primär einem Erkenntnisinteresse, sondern hatte ganz praktische Bedeutung. Die Kenntnis (und Vorhersage) der Mondphase spielte dabei nicht nur für den nächtlichen Heimweg eine Rolle, sondern war auch für die Landwirtschaft ähnlich wichtig wie der Ablauf der Jahreszeiten. Das Verständnis der Bewegungsgesetze der Himmelskörper, vor allem von Sonne, Mond und Planeten, war Voraussetzung für Vorhersagen. Da die Drehung der Erde um die eigene Achse nicht synchron mit einem Sonnenjahr erfolgt (Sonnenjahr = 365,24219 Tage) und die Bewegung des Monds um die Erde weder mit der Erddrehung noch mit dem Sonnenjahr synchronisiert ist (Mondperiode = 29,53059 Tage im Mittel), und sowohl Erd- als auch Mondumlaufbahn kein Kreis, sondern eine Ellipse sind und sich beide Himmelskörper daher im Laufe einer Periode mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten um ihren „Mutterplanten“ drehen, war das mit den damaligen Mitteln eine große Herausforderung.

Im ersten Jahrtausend vor Christus begannen die Babylonier, ihre Himmelsbeobachtungen über Generationen in „Astronomischen Tagebüchern“ zu dokumentieren – und waren daher die ersten, die im 5. Jhd. v. Chr. eine Periode für die Bewegungen von Sonne, Erde und Mond bestimmen konnten: den so genannten Meton-Zyklus. Alle 19 Jahre fallen das Ende eines siderischen Monats (der Zeit, in der der Mond sich um die Erde dreht, ca. 27,32 Tage), das eines synodischen Monats (die Zeit von Neumond zu Neumond, die mit im Schnitt ca. 29,53 Tagen etwas länger ist, da die Erde sich in der Zeit auf ihrer Umlaufbahn weiterbewegt) und das eines Sonnenjahres zusammen: nach 254 siderischen und 235 synodischen Monaten. Dieser Zyklus spielte später während der Geltung des Julianischen Kalenders (eingeführt 74 v. Chr.) eine wichtige Rolle bei der Bestimmung des Ostersonntags.

Beeindruckend ist nicht allein diese frühe Erkenntnis aus Himmelsbeobachtungen mit bloßem Auge: Wir wissen heute, dass die Griechen bereits in der Lage waren, diese Bewegungen der Himmelskörper mit Getrieben darzustellen und so mechanisch Vorhersagen z. B. über Mond- und Sonnenfinsternisse zu machen. Eines der beeindruckendsten Nachweise dafür ist der im Jahr 1900 von Schwammtauchern gefundene und auf ca. 100-120 v. Chr. datierte Antikythera-Mechanismus, der inzwischen weitgehend rekonstruiert werden konnte (Tony Freeth et.al, 2021). Der Mechanismus umfasste, soweit wir wissen, eine Mondphasenanzeige mit einer zur Hälfte geschwärzten, sich drehenden Mondkugel auf einem Zeiger, der den siderischen Monat anzeigte, und berücksichtigte sogar die unterschiedlichen Bewegungsgeschwindigkeiten des Mondes durch ein epizyklisches Getriebe.

Antikythera-Fragment mit Mondzeiger und Mondkugel

Solche Darstellungen der Mondphase im Zeiger finden sich über 1500 Jahre später in zahlreichen astronomischen Uhren wieder – wie denen von Prag (ca. 1410 n. Chr.), Bern (ca. 1530 n. Chr.) und Ulm (etwa 1520 n. Chr.).

Astrolabiumsuhr am Prager Rathaus (Jay8085, CC BY 2.0)
Zytglogge in Bern
Astrolabiumsuhr am Rathaus von Ulm (Joachim Köhler, CC BY-SA 3.0)

Auch mit fischertechnik lässt sich eine Mondphasenanzeige sehr elegant konstruieren, wie Thomas Püttmann im Buch „Technikgeschichte mit fischertechnik“ (Nachdruck 2022) gezeigt hat: mit einem Umlaufgetriebe am Drehkranz, das mit einer Untersetzung von 1:59 (die in vielen Uhren mit Mondphasenanzeige verwendet wird) eine sehr gute Annäherung an die Dauer zweier Mondphasen (etwa 29,53 Tage) erreicht. Die Integration einer kleinen, sich drehenden Mondkugel in einen Zeiger gelingt mit fischertechnik – Thomas hat auch dafür in o.g. Buch eine Konstruktion vorgestellt.

fischertechnik-Mondphasenanzeige mit einer Untersetzung von 1:59 (Umlaufgetriebe am Drehkranz), Konstruktion von Thomas Püttmann (Technikgeschichte mit fischertechnik)

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